Der Große Preis von Las Vegas hat schon vor dem Rennsonntag für reichlich Gesprächsstoff gesorgt – und dies nicht nur aufgrund der glitzernden Kulisse, sondern vor allem wegen des turbulenten Auftakts der ersten beiden Freien Trainings. Die lange erwartete Rückkehr der Formel 1 auf die legendäre Strecke fand unter Flutlicht statt, geprägt von einem Mix aus Glamour, Spannung und unerwarteten Herausforderungen für Teams und Fahrer.
Das zweite Freie Training (FP2) übernahm die Rolle der Nagelprobe für Mensch und Maschine. Nachdem das erste Training wegen eines kuriosen Vorfalls frühzeitig abgebrochen werden musste – eine lockere Kanalabdeckung verursachte erhebliche Schäden an Carlos Sainz’ Ferrari und löste eine mehrstündige Verzögerung aus – war FP2 die erste Gelegenheit für das gesamte Feld, die Eigenheiten des Las Vegas Strip Circuit wirklich kennenzulernen. Die Bedingungen waren schwierig: Kühle Temperaturen und eine ungewohnte Streckenführung sorgten für niedrigen Grip und jede Menge Rutschpartien.
Besonders die Temperaturunterschiede verlangten den Fahrern einiges ab. Während Teams mit ihren Ingenieuren am Boxenfunk um die ideale Reifenstrategie und das passende Set-Up rangen, beeinflusste die Auskühlung der Pneus auf den langen Geraden das Fahrverhalten erheblich. Das Setup-Fenster war klein – zu weich, und der Reifen baute zu schnell ab, zu hart, und das Auto verlor auf dem welligen Straßenkurs an Traktion. Die Schlüssel zum Erfolg lagen deshalb in Präzision und Risikobereitschaft.
Lando Norris nutzte die anspruchsvollen Bedingungen am besten aus und setzte in seinem McLaren die Bestzeit des Abends. Mit einer starken Rundenperformance und bemerkenswerter Konstanz bewies er, wie wichtig Selbstvertrauen und Feingefühl auf der neuen Strecke sind. Norris’ Leistung war insbesondere bemerkenswert, da viele seiner Konkurrenten – unter ihnen auch die Favoriten Max Verstappen und Charles Leclerc – mit übersteuernden Autos und blockierenden Reifen zu kämpfen hatten.
Trotz der Strapazen zeigte sich die Pace im Mittelfeld äußerst eng. Aston Martin, Mercedes und Ferrari agierten auf Augenhöhe – vor allem die wechselnden Bedingungen und das stets schwankende Gripniveau machten jede Prognose schwierig. George Russell und Fernando Alonso glänzten mit sauberem Fahrstil, während sich einige Piloten am Limit öfter einen Ausflug in die großzügigen Auslaufzonen leisteten. Eine Schlüsselfrage bleibt: Wer wird die feinen Balance-Akte am Renntag am besten meistern?
Für die Teams bedeutete der Ausfall von FP1 eine zusätzliche Herausforderung in der Abstimmungsarbeit. Jeder Kilometer auf der Strecke war Gold wert, um Daten zu sammeln und ein Gefühl für die Reifen zu bekommen. Insbesondere der Umgang mit den bislang wenig genutzten harten Mischungen der Pirelli-Reifen rückt in den Fokus, da die topografischen Besonderheiten der Strecke sowie die stetig sinkenden Temperaturen am Abend keinen Raum für Fehler lassen.
Hinzu kommt das besondere Flair, das Las Vegas ohnehin umgibt: Lichtermeer, Prominenz auf den Tribünen und eine elektrisierende Atmosphäre, wie man sie im Formel-1-Kalender sonst selten erlebt. Die Fans erwartete eine Show, wie sie die Königsklasse des Motorsports nur selten abliefert – und der Auftakt am Strip machte mit seinen Dramen und packenden Szenen gleich klar, dass das Wochenende alles andere als ein Selbstläufer wird.
Auch im Hinblick auf die Strategie für das Qualifying bleibt es spannend. Die Reifenwahl, die Arbeitsfenster der Bremsen und das Timing der schnellen Runden werden entscheidend sein – besonders, weil die Strecke mit jeder Runde an Grip gewinnt und jeder Fehler im hektischen Verkehr sofort bestraft wird. Die Hoffnung der Fans ist geweckt: Sie erwarten ein Spektakel, bei dem Technik, Taktik und eine Prise Glück in Las Vegas den Unterschied machen könnten. Wer am Ende den Jackpot knackt, dürfte erst in der letzten Runde entschlüsselt werden.