Analyse: McLarens Boxenstopp-Fehler und wie sie Norris’ Strategie in Baku beeinträchtigten
Der Große Preis von Aserbaidschan war einmal mehr ein spannungsgeladener Schauplatz für strategische Finessen und kleine Fehler, die große Konsequenzen haben können. McLaren, das britische Traditionsrennstall, stand in Baku besonders im Fokus – vor allem aufgrund eines vermeintlichen Boxenstopp-Patzers, der sich für Lando Norris als kostenintensiv erweisen sollte. Viele Fans stellten sich die Frage: Hat die Crew mit ihrer Entscheidung tatsächlich gleich zwei Positionen verschenkt?
Im schnellen und technisch anspruchsvollen Stadtkurs von Baku, auf dem die Mauern jede kleine Unsicherheit bestrafen, sind Strategie und perfekte Ausführung unerlässlich. Lando Norris startete aus guter Position und zeigte früh im Rennen konkurrenzfähiges Tempo. Die große Unsicherheit drehte sich jedoch um den Moment, als das Safety-Car auf die Strecke kam – der strategische Knotenpunkt für viele Teams. Während Konkurrenten auf derlei Gelegenheiten sofort reagieren, zögerte McLaren, einen Doppelstopp für beide Autos durchzuführen, obwohl Piastri mit Problemen zu kämpfen hatte.

Indem man Norris draußen ließ, verlor der Brite unmittelbar Positionen, als er anschließend seinen regulären Boxenstopp absolvierte. Die McLaren-Strategen haben sich hierbei offenbar auf eine konservative Herangehensweise verlassen. Ihr Ziel war, Norris aus dem Verkehr herauszuhalten und einen sogenannten „Undercut“ zu vermeiden – doch das Resultat war das Gegenteil: Nach seinem Reifenwechsel fiel er hinter Lewis Hamilton und Lance Stroll zurück. Gerade Hamilton, der für seine aggressive und clevere Strategieauslegung bekannt ist, profitierte von McLarens Unentschlossenheit in diesem Moment.
Was die Situation brisanter macht, ist, dass McLaren im Vergleich zu den letzten Rennen gerade in Baku einen spürbaren Schritt nach vorne gemacht hatte. Insbesondere auf den langen Geraden und durch die engen Schikanen funktionierte das Upgrade-Paket am MCL60 deutlich besser. Die Chance auf ein Top-5-Ergebnis war realistisch – doch sie wurde durch eine zögerliche Entscheidungsfindung in der Box vergeben. Norris selbst zeigte sich nach dem Rennen enttäuscht, betonte aber die Notwendigkeit, solche Fehler im Team künftig zu vermeiden.
Interessant für Taktiker: Der Boxenstopp-Rhythmus wurde auch dadurch beeinflusst, dass Oscar Piastri im anderen Auto während des Safety-Cars Probleme mit Bremsen und Reifen hatte. Dadurch wollte das Team verhindern, beide Wagen zur gleichen Zeit hereinzuholen – das klassische Risiko im Doppelstopp. Aber rückblickend wäre ein mutigerer Strategiewechsel vermutlich erfolgsversprechender gewesen. Hamilton nutzte jedenfalls die Gelegenheit eiskalt aus, um Norris mit seinem Stopp zu überholen – eine Szene, die an viele legendäre Manöver aus der Mercedes-Boxencrew erinnerte.
Die Experten sind sich einig: Mit einem besser gewählten Timing hätte Norris zumindest seine Platzierung gegen Stroll verteidigen können, vielleicht sogar Hamilton unter Druck setzen. Die Erkenntnis des Wochenendes für McLaren ist, dass auch kleine Fehler im hektischen Mittelfeld das Zünglein an der Waage sein können. Im engen Kampf der Konstrukteurswertung werden Strategiefehler nun besonders teuer bezahlt.
Abseits des Rennens bleibt zu loben, wie McLaren mit dem feinen technischen Upgrade wieder auf den Vormarsch geht. Doch um die Früchte der Entwicklung voll auszuschöpfen, sind fehlerfreie Boxenstopps und mutige, situationsangepasste Entscheidungen nötig. Die Fans dürfen sich auf spannende weitere Rennen freuen – und McLaren ist sicherlich bereit, Lehren aus Baku zu ziehen, um beim nächsten Mal wieder ganz vorne mitzumischen.
Das nächste Kapitel der Formel-1-Saison wird zeigen, wie flexibel und lernfähig das Team aus Woking ist. Sicher ist: Die Konkurrenz schläft nicht, und jeder strategische Fehltritt wird gnadenlos bestraft. Für die Zuschauer bedeutet das weiterhin hochspannenden Motorsport auf allerhöchstem Niveau.