Die Formel 1 ist nicht nur ein Schauplatz für spannende Überholmanöver und technische Höchstleistungen, sondern auch für zwischenmenschliche Geschichten, die das Herz der Motorsportfans höher schlagen lassen. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist die Beziehung zwischen Daniel Ricciardo und Liam Lawson, die nach dem Großen Preis von Singapur 2023 ungeahnte Dimensionen erreichte.
Nachdem Ricciardo sich beim Training in Zandvoort das Handgelenk brach, übernahm der junge Neuseeländer Liam Lawson sein Cockpit bei AlphaTauri. Lawson nutzte diese plötzliche Chance und beeindruckte mit ruhigen Leistungen, darunter ein spektakulärer neunter Platz beim Großen Preis von Singapur. Doch hinter den Kulissen spielte sich eine weitere bemerkenswerte Episode ab, die viel über Ricciardos Charakter und Teamgeist preisgibt.
Anstatt sich als „verdrängter“ Fahrer zu fühlen oder seinem Rookie-Kollegen die kalte Schulter zu zeigen, war Daniel Ricciardo von Beginn an eine große Unterstützung für Lawson. Lawson selbst berichtete, wie Ricciardo in dieser schwierigen Übergangszeit zu einem wertvollen Mentor wurde – mit aufbauenden Worten, technischer Expertise und mentalem Rückhalt. Damit setzte Ricciardo ein Zeichen für sportliche Größe und echte Kollegialität, das unter den enormen Karriereanreizen in der Formel 1 längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Für junge Talente wie Lawson ist ein solches Umfeld entscheidend, denn der Druck, sich zu behaupten, ist im Haifischbecken Formel 1 enorm. Doch Ricciardo, der selbst schon die Höhen und Tiefen der Königsklasse durchlebt hat, zeigte in den Wochen abseits des Cockpits echte Größe – ob durch Feedback bei den Debriefings, der konstruktiven Begleitung bei Testfahrten oder persönlichen Gesprächen, die weit über technische Details hinausgingen. „Er war stets ehrlich und unterstützend – das hat mir sehr geholfen, besonders in Singapur, wo ich unter besonderem Erwartungsdruck stand“, gestand Lawson kürzlich in einem Interview.
Ricciardos Verhalten wird in der Szene hochgeschätzt: Er gilt schon lange als einer der beliebtesten Fahrer – nicht nur wegen seiner aggressiven Fahrweise und seines markanten Lachens, sondern vor allem wegen seiner sympathischen, loyalen Art. Viele Experten sehen im Umgang mit Lawson die Geburtsstunde einer neuen Mentorenrolle für Ricciardo, der inzwischen das große Ganze im Blick hat. Es ist eine Rolle, wie sie sonst vielleicht nur Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton auszufüllen verstehen – echte Teamplayer und Botschafter des Sports.
Völlig klar ist, dass Ricciardo nach seiner Genesung wieder alles gab, um ins Cockpit zurückzukehren. Sein Comeback sorgte für ein warmes Willkommen, sowohl von Teamkollegen als auch vom gesamten Fahrerlager. Doch auch Liam Lawson zog enormen Nutzen aus Ricciardos Unterstützung: Neben wertvollem Feedback bekam er einen Einblick in die Kultur des Formel-1-Teams und konnte sich fachlich wie mental weiterentwickeln. Das Verhältnis zwischen den beiden Fahrern diente dem gesamten Team als Motivationsschub und verkörperte den viel beschworenen „Racing-Spirit“, den viele heute in der Formel 1 vermissen.
Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese Beziehung weiterentwickelt. Klar ist: Daniel Ricciardo hat gezeigt, dass Fairness und Größe keineswegs im Widerspruch zu sportlichem Ehrgeiz stehen. Sein Verhalten gegenüber Lawson ist beispielhaft für das, was Motorsport im besten Falle bedeutet: Konkurrenzkampf auf der Strecke, Rückhalt und Zusammenhalt abseits davon.
Für Fans, die oft nur die Kämpfe um Rundenzeiten und Podiumsplätze sehen, ist dies ein Blick hinter die Kulissen, der hoffentlich zur Nachahmung anregt – auf und neben der Piste.