Die Formel 1 und der internationale Motorsport erleben derzeit eine Phase großer Spannung hinter den Kulissen: Die FIA, der Weltverband der Automobilverbände, steht vor einer ihrer größten Herausforderungen seit Jahren. Pierre Ketterer-Villars, ein erfahrener Funktionär aus Genf, hat jetzt gemeinsam mit seinem Anwalt Olivier Urvoy Klage vor dem Tribunal Judiciaire in Paris gegen die FIA eingereicht. Grund: Die Ausschlusspraktiken im aktuellen Präsidentschaftswahlverfahren werden als unfair und undemokratisch angeprangert.
Im Kern richtet sich die Klage gegen die im März 2024 von der FIA verabschiedeten neuen Regelungen für die nächsten Präsidentschaftswahlen — diese sollen Ende 2025 stattfinden. Demnach fordert die FIA nun neun Unterstützer für eine Kandidatur, wobei aus jedem der sieben Weltzonen ein nationaler Verband dabei sein muss. Kritikern zufolge schließt diese Voraussetzung unabhängige Einzelkandidaten praktisch aus und begünstigt Kandidaturen aus dem bestehenden Establishment.
Ketterer-Villars, der seit Jahrzehnten mit der Fédération Internationale de l’Automobile verbunden ist und zuletzt Präsident des Automobilclubs von Genf war, sieht hierin einen klaren Verstoß gegen demokratische Prinzipien. Er betont immer wieder die Notwendigkeit von Transparenz und offenen Türen, damit auch kritischere Stimmen in die FIA-Führung einziehen können.
Beflügelt wird die Debatte von den jüngsten Entwicklungen im internationalen Motorsport. Insbesondere die Formel 1 erlebt aktuell eine beispiellose Globalisierung, und traditionelle Verbände wie die FIA wachsen rasant weiter. Viele Experten warnen davor, dass demokratische Kontrolle und die Vielfalt der Meinungen unter solchen Bedingungen auf der Strecke bleiben könnten. Ein Verband, der sich zunehmend abschottet, riskiert langfristig, neue Impulse zu verlieren, was gerade im innovationsgetriebenen Motorsport höchst problematisch wäre.
Neben Ketterer-Villars äußerten sich auch andere Funktionäre und Motorsportgrößen besorgt. Sie betonen, dass die FIA als weltweite Dachorganisation Vorbildfunktion haben müsse – beispielsweise auch im Vergleich zu anderen internationalen Sportverbänden wie dem IOC oder der FIFA. Eine echte Wahlfreiheit ohne übertriebene Hürden sei essenziell, um Vertrauen und Akzeptanz bei den Mitgliedsverbänden und weltweit Millionen von Motorsport-Fans zu erhalten.
Das Präsidialamt der FIA ist aktuell mit Mohammed Ben Sulayem besetzt, der 2021 Jean Todt ablöste. Auch seine Amtszeit war bislang nicht frei von Kontroversen – von Diskussionen um Regelauslegungen in der Formel 1 bis hin zu Streitigkeiten über Umwelt- und Nachhaltigkeitsauflagen. Das Umfeld bleibt angespannt; viele Beobachter erwarten, dass die Klage von Ketterer-Villars die Diskussion um die Demokratie in der FIA weiter befeuern wird. Ob das Pariser Gericht einen Präzedenzfall schaffen und eine Öffnung des Wahlsystems erzwingen wird, bleibt spannend.
Für die Formel 1, aber auch den Rallye- und GT-Sport, könnten die Folgen weitreichend sein. Wenn sich Türen für bislang ausgeschlossene Kandidaten öffnen, könnten frische Ideen, mehr Transparenz und vielleicht sogar ein Mentalitätswandel Einzug halten. Das würde nicht nur die FIA stärken, sondern auch der Dynamik und Attraktivität des gesamten Motorsports neuen Schwung verleihen.
Die kommenden Monate dürften also wegweisend für die Zukunft der FIA und des Motorsports werden. Während die Gerichte die Rechtmäßigkeit der aktuellen Wahlregeln prüfen, hoffen viele Formel-1-Fans, dass auch die Stimmen jenseits des Establishments bald wieder Gehör finden – für mehr Fairness, Innovation und Begeisterung an der Spitze des Motorsports.