Die Formel 1 ist bekannt für ihre oft rauen Bandagen im Kampf um die begehrten Cockpits. Doch manchmal entwickeln sich im Haifischbecken des Motorsports ungewöhnliche Freundschaften und Respekt. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür bietet die noch junge Karriere des britischen Rennfahrers Oliver Bearman, der unlängst als Ersatzfahrer von Ferrari in Saudi-Arabien für Aufsehen gesorgt hat. In seinem Formel-1-Debüt demonstrierte Bearman nicht nur sein außerordentliches Talent, sondern begeisterte auch mit seiner direkten, unnahbaren Art – und erhielt damit in Rekordzeit die Aufmerksamkeit nicht nur der Fans, sondern auch der gestandenen Fahrer wie Esteban Ocon.
Bearmans Einstieg ins Ferrari-Cockpit erfolgte unter dramatischen Umständen. Carlos Sainz, der spanische Stammpilot, musste kurzfristig aufgrund einer Blinddarmentzündung passen. Dadurch öffnete sich für den erst 18-jährigen Bearman die Gelegenheit, sich auf allerhöchstem Niveau zu beweisen. Trotz stressiger Vorbereitung und minimaler Erfahrung zeigte Bearman in Jeddah eine reife Performance und fuhr solide Punkte ein. Seine aggressive, aber kontrollierte Fahrweise wurde schnell Gesprächsthema im Paddock – auch, weil sie Erinnerungen an alte F1-Tugenden weckte, die in Zeiten von jugendlicher Zurückhaltung und Teamharmonie fast in Vergessenheit geraten sind.
In der Red-Bull-Ära, in der der Erfolg oft an perfekte Teamarbeit und absolute Disziplin gebunden ist, überraschte Bearman mit seiner ungezähmten Art. Kein Wunder, dass Fahrer wie Esteban Ocon, der in seiner bisherigen Karriere immer wieder für seine kompromisslose Herangehensweise bekannt war, ein Lächeln nicht unterdrücken können. Ocon nannte Bearman sogar seinen „Lieblings-Teamkollegen“, obwohl sie faktisch noch nie zusammen im selben Team gefahren sind. Für den Franzosen ist Bearmans „Hooligan“-Stil eine willkommene Abwechslung in der heutigen Formel 1, die zu oft von politischer Korrektheit geprägt sei.
Nicht zuletzt zeigt Bearmans Art, wie wichtig Charakterstärke auf und abseits der Strecke ist. Der junge Brite scheut sich nicht, seine Meinung offen zu sagen, auch wenn diese nicht immer mit jener der Teamleitung übereinstimmt. Dieser Mut zur Individualität hat ihm bereits in jungen Jahren den Respekt der Mechaniker, Ingenieure und Kollegen eingebracht. Auch in den sozialen Medien wächst seine Fangemeinde stetig, denn Authentizität kommt bei der neuen Generation an Motorsport-Fans gut an.
Doch Bearman bringt nicht nur Persönlichkeit mit. Seine vorherigen Stationen in der Formel 2 und diversen Nachwuchsserien zeigen, dass er nicht nur ein „Hooligan“, sondern ein echter Vollblutracer ist. Seine Überholmanöver sind mutig, aber niemals kopflos. Gerade auf der Strecke in Jeddah, die als eine der schnellsten und gefährlichsten im Kalender gilt, war seine Leistung bemerkenswert sicher und abgeklärt. Teamprinzipien lobten seine Professionalität augenscheinlich, obwohl die Ferrari-Ingenieure zuvor skeptisch gewesen sein mögen.
Für die kommende Saison wird bereits wild spekuliert, welches Team Bearman ein festes Cockpit anbieten könnte. Gerüchten zufolge zeigen nicht nur Ferrari selbst, sondern auch Teams wie Haas oder sogar Alpine Interesse. Angesichts des rotierenden Fahrer-Karussells und der stetigen Suche nach dem nächsten „Rough Diamond“ könnte Bearman das nächste große britische Talent in der Formel 1 werden.
Formel-1-Fans sollten diesen jungen Mann auf jeden Fall im Auge behalten. Mit seiner energiegeladenen, unkonventionellen Art bringt Oliver Bearman frischen Wind ins Fahrerfeld – und beweist, dass gelegentlich ein wenig „Hooliganismus“ genau das ist, was der Königsklasse des Motorsports noch gefehlt hat.