Die Geschichte der Formel-1-Weltmeisterschaft ist voller legendärer Fahrer, ikonischer Duelle und packender Rennen – doch ein Aspekt, der sich immer wieder weiterentwickelt hat, ist das Punktesystem. Seit dem Start der Meisterschaft im Jahr 1950 gab es zahlreiche Änderungen im System, das die Leistung eines Fahrers über eine Saison hinweg bewertet. Doch was wäre, wenn ein einzelnes, modernes Punktesystem von Beginn an gegolten hätte? Wie sähe die Rangliste der Weltmeister aus, hätte das heutige Punktemodell – beginnend von 25 Punkten für den Sieger bis hin zu einem Zähler für den 10. Platz – immer gegolten?
Erstaunlicherweise würde sich das Bild der Formel-1-Geschichte an einigen entscheidenden Stellen deutlich verschieben. Zwar bleibt Lewis Hamilton mit insgesamt sieben Weltmeistertiteln weiterhin gleichauf mit Michael Schumacher – doch der Rückblick auf vergangene Jahrzehnte offenbart einige Überraschungen. So hätte Alain Prost beispielsweise einen zusätzlichen Titel erringen können – und Ayrton Senna einen weniger. Dem Franzosen hätte das moderne System insbesondere in engen Saisons das nötige Punktepolster verschafft, um die Gesamtwertung für sich zu entscheiden.
Eine besonders spannende Wendung ergäbe sich für Sebastian Vettel. Der Heppenheimer würde nach jetzigem System, basierend auf einer konstanten Leistungsbewertung für jede Zielankunft innerhalb der Top 10, sogar einen zusätzlichen WM-Pokal in seine Vitrine stellen können! Auch Fernando Alonso würde 2007 einen Titel davontragen, während Räikkönen, der 2007 in der letzten Runde der Saison triumphierte, leer ausgehen würde.

Die Veränderungen kommen nicht von ungefähr. Das heutige Punktesystem bevorzugt Konstanz und hohe Platzierungen – auch wenn der Sieg noch immer mit dem Löwenanteil an Punkten belohnt wird. Fahrer, die regelmäßig aufs Podium fahren, können sich im Laufe der Saison einen entscheidenden Vorteil erarbeiten. Auch in den Jahren, als nur die Top-6 oder Top-8 Punkte sammelten, blieb so manches Talent unterbewertet: Fahrer mit vielen vierten oder fünften Plätzen, aber wenigen Siegen, hatten kaum Chancen, in den Titelkampf einzugreifen.
Dramatisch sind die Auswirkungen beispielsweise auf die Meisterschaften von 1981, 1982 und 1983. Nelson Piquet, der oft durch Konstanz glänzte, würde einen seiner drei Titel verlieren und Alan Jones würde sogar 1981 erneut ganz nach oben fahren, obwohl er auf der Strecke unterlag. Auch die legendäre Saison 1986, als Nigel Mansell im letzten Rennen ein Reifenplatzer den Titel kostete, würde mit heutigem Punktesystem anders verlaufen: Prost hätte in jener den zweiten Titel dennoch errungen – doch 1993 hätte sich Senna durchgesetzt.
Michael Schuhmacher bleibt auch unter neuer Wertung eine absolute Ikone des Sports. Doch seine Dominanz 2004 und 2002 wäre durch das aktuelle System sogar noch eindrucksvoller gewesen: Mit meilenweitem Vorsprung und bisher unerreichter Punktausbeute hätte er seinen Ruf als Rekordchampion weiter gefestigt. Gleichzeitig würden Legenden wie Niki Lauda oder Jackie Stewart ihre Trophäenvitrine nicht weiter füllen können, da das frühere System ihre Stärken – seltene, aber spektakuläre Siege – stärker honorierte als das heutige, das Konstanz belohnt.
Für Formel-1-Fans eröffnet diese fiktive Spielerei ganz neue Perspektiven auf die Geschichte des Sports. Viele der großen Rivalitäten hätten noch intensivere würfe nehmen können, Legends-Status mancher Fahrer wäre unter anderen Vorzeichen entstanden. Das zeigt: Nicht immer sind es nur die schnellen Runden, sondern auch die feine Nuancierung des Regelwerks, die F1-Geschichte schreibt. Der Blick zurück lässt erahnen, wie viel Spannung und Gesprächsstoff Regeländerungen auch in Zukunft noch bieten werden.